Programm – Tag 1

Programm: 1. Tag

Diese Gegend im Prenzlauer Berg versprüht ein Hauch Montmartre. In den pfirsich- und gelb-sanierten Arbeiterpalästen wohnten früher Antiquare, Schreiner oder Betreiber von Eisenwarenläden. Hier in diesem Viertel befindet sich das berühmteste Gotteshaus Ostdeutschlands: Die Gethsemane-Kirche. Im Oktober 1989 spielte sich hier Weltgeschichte ab: Im Vorfeld des 40. Jahrestages der DDR und danach versammelten sich hier die Regine-Gegner. Diese Kirche war das „Dach der Opposition“, ihr einziger Schutzraum unter dem Honecker-Staat. Die Gethsemane-Kirche wurde zum Symbol des gewaltlosen Widerstandes. Freiheit hat hier einen besonderen Klang. Die Gethsemane-Kirche wurde in den vergangen 25 Jahren durch den Zuzug von jungen Leuten wiederbelebt. Ein weiteres „Wunder von Berlin.“

Was es zu hören gibt: Zeitzeugen sprechen über ihre Erinnerung an den 7.10.1989, als der friedliche Ausgang der Revolution in der DDR auf Messers Scheide stand; den Prenzlauer Berg der 80er, als die Häuser immer mehr zerfielen und sich erste Opposition und Boheme bildete; die Zeit, als die Gethsemane-Kirche Schutzraum wurde für Andersartige; die Zeit, als die Gethsemane-Kirche nach dem Mauerfall wieder leer wurde und die Bedeutung von Freiheit heute

Auch in der Kastanienallee zerfielen 1990 die Häuser, als sie von Neuankömmlingen aus der ganzen Welt besetzt oder später instand gesetzt wurden. Wie die K86, heute berühmt, auch durch ihren großen Schriftzug „Kapitalismus zerstört“. Die Reiseleiterin hat hier von 1990-1992 gelebt. Ein Stück weiter befindet sich das Kino „Lichtblick“, bekannt für ein Kinoprogramm, in dem bemerkenswert viele unkonventionelle Filme mit religiösem Inhalt gezeigt werden.

Was es zu hören gibt: Die Reiseleiterin spricht über das Kino Lichtblick und ihre persönlichen Erlebnisse auf dem „Teerdach“ der K86 Anfang der 90er-Jahre; beschreibt die Hintergründe der Eröffnung und Schließung von legendären Clubs in dieser Straße von 1990 bis heute; zeigt, wie sich die Orte der Musikkultur der Wendezeit im Laufe eines Vierteljahrhunderts verändert haben und erklärt den Begriff der Gentrifizierung am Beispiel von Prenzlauer Berg.

Zur Rast empfehlen sich: Konnopkes Imbiss am U-Bahnhof Eberwalderstrasse. Dort gibt es für viele die nachweislich beste Currywurst der Stadt; Rast im Prater, einem der schönsten Biergärten Berlins an der  Kastanienallee.

Mit der M1 geht es zu den Hakeschen Höfen in Berlin-Mitte, wo sich das nebenan Haus Schwarzenberg befindet. Die maroden Wände atmen noch immer den maroden Charme der 90er-Jahre. In einem verschachtelten Gebäudekomplex arbeiten Kreative aus aller Welt. Die Galerie Neurotitan ist berühmt für ihren Fundus an gesellschaftspolitischen Comics.

Wer hier ist, wandelt auch auf jüdischen Spuren. Hier befindet sich das Anne Frank-Zentrum und das „Blindenmuseum Otto Weidt“. Der Bürstenfabrikant versteckte in seiner Fabrik einst Juden vor den Nazis. „Stolpersteine“ des Künstlers Günter Demnig im Boden erinnern zudem an die in KZs ermordeten Juden. Religion trifft hier auf die bunte Kreativ-Szene von Berlin-Mitte.

Was es zu hören gibt: Zeitzeugen sprechen über die Zeit, als von hier aus der Mythos des neuen Berlins in den 90er-Jahren seinen Anfang nahm; über jüdische Spuren in der Spandauer Vorstadt und  über die Bedeutung der Blindenwerkstatt Otto Weidt sowie des Anne Frank-Zentrums. Die Stadtführerin gibt zudem einen Einblick in dieses Panoptikum, in dem sie von 1997-2004 ihr Büro hatte.

Zum Rast empfehlen sich:  Die Studentenkneipe Café Cinema oder das gediegene Restaurant Ampelmännchen in den Hackeschen  Höfen.

Hinter den Hackeschen Höfen befindet sich die Sophienkirche. Die evangelische Kirche ist heute eine beliebte Familienkirche. Unterwegs zu ihr Stopp bei den Gips-Höfen mit ihrem Universum als Galerien und Kunstläden. Die Reiseleiterin hatte hier 1996-1997 ihr Journalistenbüro und erlebte von dort aus den Beginn des Berliner Kunstbooms in den 90er-Jahren.

In diesen Straßen wandelt der Besucher auf jüdischen Spuren. Zu sehen sind Orte wie das „Jüdische Gymnasium Moses Mendelssohn“, die Große Hamburger Straße, die von Berlinern einst den Namen Toleranzstrasse erhielt und die Skulptur „Jüdische Opfer des Faschismus“. Am Koppenplatz ist mit „Der verlassene Raum“ ein weiteres eindrückliches Denkmal zu sehen. Über allem leuchtet die goldene Kuppel der Großen Synagoge.

Was es zu hören gibt: Zeitzeugen sprechen über die wachsende jüdische Gemeinde  in Berlin; über die Neubelebung der Sophienkirche durch westliche Zuzüger mit christlichem Hintergrund; die Kunst-Szene in Berlin-Mitte und eine getrifizierte Gegend.

Zur Rast empfehlen sich: Das Kunst-Café Barcomis, das Restaurant Sophien-Eck oder das Clärchens Ballhaus. Ein über 100-jähriges Kleinod, in dem heute noch Foxtrott getanzt wird.

Berlin ist ein multireligiöser Schmelztiegel. Auch deshalb entstehen neue interreligiöse Gebetsräume. So auch das House of One.  Es ist keine Kirche, keine Synagoge, keine Moschee, sondern alles in einem. Auf dem Petriplatz in Berlin-Mitte soll ein einmaliges Projekt realisiert werden – per Crowdfunding. Vorbild ist das „Haus der Religionen“ in Bern.

Was es zu hören gibt:  Initiatoren sprechen über die Entstehungsgeschichte desHouse of One“ und die Chancen und Perspektiven dieses für Berlin einmaligen Projektes.

Am 13. August 1961 flüchteten Bewohner der Grenzhäuser entlang dieser Straße nach den Sperrmassnahmen spontan über die Grenze und ließen Hab und Gut zurück. Auf dem einstigen Todesstreifen sehen sich heute Menschen das „Fenster der Erinnerung“ an oder sehen sich das lange Teilstück der Berliner Mauer an. Besonders eindrücklich ist die Kapelle der Versöhnung. Sie steht auf den Fundamenten der 1985 gesprengten Versöhnungskirche, die damals mitten auf dem Todesstreifen und der SED somit im Weg stand.

Was es zu hören gibt: Zeitzeugen sprechen über die Geschichte Versöhnungskirche, die 1985 von der SED gesprengt wurde, da sie auf dem Todesstreifen lag; die Teilung der Versöhnungsgemeinde in Ost und West; die Bedeutung dieser Kapelle heute für die Besucher aus aller Welt und die Zeit mit der Mauer, die ganze Familien trennte.

Zur Rast empfiehlt sich: Spree-Schifffahrt durch das Regierungsviertel, vorbei bei Angela Merkel.